Vorzeitigen Tod vermeiden mit einer optimalen Vitamin-D-Versorgung

Vitamin-D-Mangel (1) ist weitverbreitet und kann durch Ernährung und Sonnenexposition alleine schwer ausgeglichen werden. Die Ergebnisse einer Forschungsarbeit an der Medizinischen Universität Wien stärken die Rationale für eine Vitamin-D-Supplementierung, um vorzeitigen Tod zu vermeiden – insbesondere bereits in jungem Alter. Gleichzeitig kann die Studie Bedenken hinsichtlich negativer Auswirkungen höherer Vitamin-D-Spiegel weitgehend ausräumen (2).

Evidenz dafür, dass es sich bei Vitamin-D-Mangel um einen beeinflussbaren Risikofaktor für Mortalität handelt, stammt aus zahlreichen Arbeiten mit unterschiedlichen Designs – von Assoziationsstudien und darauf basierenden Metaanalysen über Mendelsche Randomisierungsstudien bis hin zu randomisierten kontrollierten Studien. Allerdings wurden die meisten der bisher veröffentlichten Studien in älteren Populationen durchgeführt. Bisher wurden die Todesursachen (ursachenspezifische Mortalität) und der Einfluss des Alters in diesem Zusammenhang noch nicht detailliert beschrieben. In der vorliegenden Studie wurden die Überlebenszeit in Abhängigkeit vom Vitamin-D-Spiegel untersucht sowie die Todesfälle im Hinblick auf ihre Ursachen analysiert. Dazu wurden die Daten aller Patienten, bei denen an der Abteilung für Labormedizin (Allgemeines Krankenhaus Wien) zwischen 1991 und 2011 eine Vitamin-D-Bestimmung durchgeführt wurde, jenen des nationalen österreichischen Sterberegisters gegenübergestellt. In die Analyse flossen die Daten von 78 581 Patienten (mittleres Alter 51,0 Jahre; 31,5 % Männer) ein. Während der 20-jährigen Beobachtungsdauer (median 10,5 Jahre) wurden 11 877 Todesfälle registriert.

Im jüngeren und mittleren Lebensalter
Es zeigte sich, dass Patienten mit einem Vitamin-D-Spiegel ≤ 10 nmol/l ein 2- bis 3-fach erhöhtes Sterberisiko aufwiesen. Hingegen war ein Vitamin- D-Spiegel ≥ 90 nml/l mit einer um 40 % verminderten Gesamtmortalität assoziiert. Hinsichtlich Einfluss des Alters konnte beobachtet werden, dass die Erhöhung der Sterblichkeit bei Patienten mit Vitamin-D-Mangel im jüngeren und mittleren Lebensalter stärker ausgeprägt war, als in der Gruppe der 60- bis 75-Jährigen. In der Altersgruppe ab 75 Jahren konnte keine Assoziation zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und Sterblichkeit festgestellt werden.

Vitamin-D-Mangel und Diabetes
Die vorliegende Untersuchung wurde an einem grossen Patientenkollektiv durchgeführt, das alle Altersgruppen umfasst. Im höheren Alter war die Vitamin- D-Supplementierung minimal. Die Analyse der Überlebensdaten bestätigt eine starke Assoziation zwischen einem Vitamin-D-Mangel (Vitamin D < 50 nmol/l) und einer erhöhten Mortalität. Diese Assoziation ist im jüngeren und mittleren Alter sowie bei Vorliegen eines Diabetes besonders deutlich ausgeprägt. Für die Forscher überraschend war ein Zusammenhang mit Krebs und kardiovaskulären Erkrankungen inkonsistent und nur in einzelnen Altersgruppen feststellbar. Die in der vorliegenden Arbeit gefundene Assoziation zwischen Vitamin-D-Mangel und Diabetes findet grosse Übereinstimmung mit einer finnischen Studie (Hyppönen et al., Lancet 2001), wonach eine Vitamin- D-Supplementation mit 2´000 IU/d während des 1. Lebensjahres zu einer 4,5-fachen Reduktion des Risikos für Typ-1-Diabetes 30 Jahre später führte.

Etwa 80 Prozent der europäischen Bevölkerung kann sich über die Ernährung nicht ausreichend mit Vitamin D versorgen.

Unverzichtbar: Messen – Machen – Messen!

Am 13. Internationalen Bodenseekongress (2018) stand u. a. der Umgang mit «Vitamin-D-Mangel» im Zentrum (Risikogruppen, Indikationen, Dosierung). Ausgelöst durch den Vortrag von Prof. Dr. med. Armin Zittermann (Leiter der Studienzentrale, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen) kommentiert Andreas Hefel (Präsident der SfGU) dieses Thema aus seiner Sicht: «Ein Vitamin-D-Mangel ist in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet – auch wenn dies von einigen Akteuren im Gesundheitswesen nach wie vor immer wieder herabgespielt wird. Zu klaren Aussagen dazu kommen u. a. die Österreichischen Ernährungsberichte aus den Jahren 2012 und 2017, die vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in Wien in Auftrag gegeben wurden. Dazu einige Fakten und Schlussfolgerungen:

 

Schulkinder: Als besonders kritisch ist die Aufnahme an Vitamin D einzustufen. Der Status an Vitamin D (25- OH-D3) ist bei 62 % der Mädchen und 56 % der Buben erniedrigt (3).

Erwachsene: Der biochemische Status an Vitamin D ist bei 44 % der Männer und knapp 40 % der Frauen unzureichend (3).

Seniorinnen und Senioren: Der durchschnittliche Status an Vitamin D ist bei knapp zwei Dritteln zu niedrig, bei etwa 20 % sogar deutlich erniedrigt (3).

Die Zufuhr von Vitamin D über die Ernährung mit den üblichen Lebensmitteln reicht nicht aus, um den Referenzwert für eine angemessene Zufuhr bei fehlender endogener Synthese zu erreichen. Die Differenz muss über endogene Synthese (UVB-Lichtexposition) und/oder die Einnahme von Supplementen gedeckt werden (4).

 

Aufgrund unserer eigenen Messungen in den vergangenen Jahren ist davon auszugehen, dass durchschnittlich etwa 80 Prozent der europäischen Bevölkerung sich über die Ernährung nicht ausreichend mit Vitamin D versorgen kann. Vitamin D erfüllt fundamentale Funktionen im allgemeinen Stoffwechsel. Mit Blick auf die Zunahme stressbedingter Erkrankungen ist hierbei explizit darauf hinzuweisen, welche Wirkung Vitamin D im parasympathischen Nervensystem entfaltet: So steuert Vitamin D die Serotoninsynthese, was wiederum die Voraussetzung für die Herstellung des Schlafhormons Melatonin ist. Ohne diese beiden Hormone und damit ohne Vitamin D sind weder ein erholsamer Schlaf, noch eine optimale Regeneration möglich. Deshalb halten wir es für zwingend erforderlich, den Vitamin-D-Spiegel zu messen und kontinuierlich bedarfsgerecht zu decken. Es ist unverzichtbar, dass wir nach dem 3M-Prinzip arbeiten: Messen – Machen – Messen! Und das gilt nicht nur für Vitamin D, sondern generell, um den persönlichen Mikronährstoffstatus zu kennen.“

Text: Assoc. Prof. Dr. Rodrig Marculescu* Bild: AdobeStock

(1) 25-Hydroxyvitamin-D-(25D-)Spiegel im Blut < 50 nmol/l
(2) Bis 250 nmol/l wurde keine signifikante Risikoerhöhung beobachtet.
(3) Österreichischer Ernährungsbericht 2012
(4) Österreichischer Ernährungsbericht 2017

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