«Alzheimerdemenz – ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht»
«Alzheimerdemenz – ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht»
Bei einer Alzheimerdemenz trifft auch der Begriff «Typ-3-Diabetes» zu: Aufgrund eines Ungleichgewichts im Zuckerstoffwechsel erhält die Nervenzelle zu wenig oder gar keine Energie. Präventive und therapeutische Regulationskonzepte setzen an mehreren Stellen der Energieversorgung an, sodass auch eine blockierte Zelle ihre normale Funktion wieder aufnehmen kann.
Heute wissen wir, dass der menschliche Organismus als Ökosystem angesehen werden sollte. Zu viele Belastungsfaktoren wie Umweltgifte, Glyphosate, Schwermetalle, Süssgetränke, Stress, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Transfette, raffinierter Zucker, etc. machen krank. Störungen der Glukoseverwertung, Insulinresistenzverhältnisse im Gehirn und Toxizität bei zu viel Ammoniak treten als Folge dieser Faktoren auf und entpuppen sich als zentrales Muster in der Entwicklung hin zu demenziellen Erkrankungen. Die lebensstilbedingten Zuckerkrankheiten – Diabetes-Typ-2 und Diabetes-Typ-3 – sind Folgekrankheiten eines gestörten Ökosystems. Beiden liegt ein Ungleichgewicht im Zuckerstoffwechsel zu Grunde. Die Energie in Form von Glukose gelangt nicht mehr in die Zellen. Es kommt einerseits zu überhöhten Glukosespiegeln im Blut, andererseits zu Unterzuckerungszuständen (Hypoglykämien) in den Zellen bei gleichzeitigem Insulinüberschuss. Das Insulin ist zwar erhöht, kann seine Funktion aber aufgrund einer Insulinresistenz nicht mehr erfüllen. Bei Diabetes-Typ-3, also Alzheimerdemenz, mangelt es den Zellen an Energie, es geht vereinfacht gesprochen das Licht aus.
Insulin als Taxi für die Glukose
Für die Aufrechterhaltung der Struktur und Funktion von Nervenzellen ist ausschliesslich das Monosaccharid Glukose (Traubenzucker) notwendig. Ohne Glukose stirbt jede Nervenzelle ab. Die Aufnahme der Glukose erfolgt jedoch unter der Kontrolle von Insulin – es ist einfach gesagt das Taxi für die Glukose zur Nervenzelle. Insulin kann die Glukose nur mit Hilfe des Insulin-Rezeptors an der Zelle entfalten. Erkennt der Insulin-Rezeptor das Insulin, wird er aktiv und sendet sofort Signale ins Zellinnere. Der Befehl wäre, die Glukose an die Zellmembran zu bringen, wo sie integriert und anschliessend in die Zelle transportiert wird. Durch den Transport gewinnt die Zelle Energie und erhält gleichzeitig Substrate für den Zellaufbau. Bei Alzheimerdemenz ist der für die Aufrechterhaltung von Struktur und Funktion der Nervenzelle alles entscheidende Insulin-Rezeptor defekt, es entsteht eine Insulinresistenz. Die insulinabhängige Aufnahme von Glukose ist nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich und die Nervenzelle erhält gar keine oder zu wenig Energie.
Polyätiologie – viele Ursachen kommen zusammen
Ein überlasteter Zuckerstoffwechsel, Insulinresistenz, Entzündungen, Stresshormone (wie z. B. nach Schädel-Hirn-Traumata oder Verletzungen der Halswirbelsäule) kombinieren sich und machen krank. Auf der einen Seite steht eine Überfülle an zuckerreichen Nahrungsmitteln (ungesunde Fette), die rund um die Uhr für den Körper verfügbar sind. Durch die Überfülle entgleist der Zucker- und Insulinstoffwechsel und als Konsequenz sind (Nerven-)Zellen mit lebenswichtiger Energie unterversorgt. Auf der anderen Seite steht der allgemein gesunkene Energieverbrauch. Der moderne, hoch technisierte (Büro-)Alltag hat unsere Körper zu Energiesparmodellen gemacht, er bekommt allerdings eine Überfülle an Nahrung.
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Wir essen zu häufig, zu energiereich aber verbrennen gleichzeitig zu wenig Kalorien, weil wir die meiste Zeit sitzen. Auch Stress während der frühen Entwicklung erhöht das Risiko, an einer neurodegenerativen Erkrankung wie der Alzheimer-Demenz zu erkranken. Stress und eine verstellte Stressachse bestimmen und stören die Feinabstimmung der gesamten Insulinübersetzung. An mehreren wichtigen zellulären Schnittstellen können Fehlfunktionen zu den unterschiedlichsten Erkrankungen führen z. B. Angstzustände, Schmerz, Schlafstörungen und eben auch Alzheimer-Demenz. Stoffwechselstörungen, die mit einer Insulinresistenz zusammentreffen, wie Typ-2-Diabetes, NASH-Syndrom (nicht alkoholische Steatophepatitis/ Fettleber), Bluthochdruck, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hängen nicht nur mit einer Alzheimerdemenz zusammen, sondern gehen ihr meist auch voraus.
Zu den Hauptursachen für die Zuckerkrankheit gehören ungünstige Ernährungsgewohnheiten gekoppelt an einen weitgehend unbewegten Lebensstil.
Kompass zur Alzheimerprävention
Die gute Nachricht ist: Wir können selber frühzeitig etwas zur Vorbeugung tun. Eine intelligente, massvolle Ernährung, die Reduktion von schlechten Kohlenhydraten und Zucker, regelmässige Bewegung sowie Entstressungsmassnahmen, wie z. B. Yoga, Meditation und Musik, wirken auf Dauer nachweislich effizienter, als jedes Medikament.
Vorbeugende und langfristige Regulationskonzepte sollten möglichst an mehreren Stellen der gestörten Energieversorgung ansetzen:
Im Fall einer erkannten Alzheimerdemenz, kann man mit einem speziellen «Zucker» die Zelle am blockierten Insulin-Rezeptor vorbei mit Energie versorgen. Im Unterschied zu Glukose wird ein anderes Monosaccharid, die Galactose, unabhängig vom Insulin an die Zelle gebracht und von der Zelle aufgenommen. Einmal in der Zelle, kann Galactose in Glukose umgewandelt werden. Die Zelle erhält Energie und kann ihre normale Funktion wiederaufnehmen. Die Aufrechterhaltung von Struktur und Funktion der Zelle ist wieder gewährleistet. In Kombination mit den richtigen gesunden Fetten und der zeitgleichen Umsetzung anderer Massnahmen wie z. B. Bewegung und Entstressung lassen sich blockierte Zellen wieder reaktivieren.
Text: Dr. med. Kurt Mosetter* Bild: zVg