Verbot von Umwelthormonen in Parfums und Duftstoffen gefordert

Hormonähnliche Substanzen sind in Kosmetika nach wie vor weit verbreitet. Sie greifen in den Stoffwechsel ein, lagern sich über das Fettgewebe im Körper ein und können ihn somit langfristig vergiften. Andreas Hefel (Präsident der SfGU) appelliert deshalb daran, den Körper regelmässig von Schadstoffen zu befreien. Am 14. Internationalen Bodenseekongress vertraten Experten einhellig die Meinung, gesundheitsgefährdende Plastik-Zusatzstoffe in Pflegeprodukten zu verbieten.

Unter dem Titel «Angriff auf das menschliche Hormonsystem» geht die Journalistin Doris Ammon auf «unkalkulierbare Gesundheitsrisiken» ein, die von «hochgefährlichen» Plastik-Zusatzstoffen ausgehen. Im Zentrum der Kritik stehen neben der chemischen Verbindung Bisphenol-A (BPA), die in vielen Kunststoffen enthalten ist, auch Phthalate (Weichmacher). Ein ZDF-Beitrag (1) klärt darüber auf, dass diese Umwelthormone – sog. endokrine Disruptoren – sich wie körpereigene Hormone verhalten und somit auf Zellebene in den Stoffwechsel eingreifen. Fast zeitgleich mit der Ausstrahlung der TV-Sendung warnten Fachgesellschaften, wie z. B. die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) vor hormonaktiven Substanzen in der Umwelt. Nach einem Bericht des Deutschen Ärzteblatts (2) geht dies mit der Forderung einher, endokrine Disruptoren konsequent aus dem Verkehr zu ziehen, bzw. nicht mehr in grossem Massstab zu produzieren und in Umlauf zu bringen. Nach Aussagen von Josef Köhrle (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, DGE) gelangen diese Substanzen nicht nur über Essen, Trinken und Atmen in den Körper, sondern auch über Kosmetika. Im Gespräch mit Deutschlandfunk-Moderatorin Daniela Siebert weist er dabei auf eine besondere Gefahr hin: «Ein grosser Anteil dieser Substanzen, um die es hier geht, sind kleine Moleküle, die sehr fettlöslich sind. Damit kommen wir in den Weg der Einlagerung über das Fettgewebe und damit auch der langfristigen Kontamination.» (3) Unter Verweis auf eine BUND-Studie schreibt die Spiegel-Redakteurin Julia Merlot, dass ein Drittel aller Pflegeprodukte hormonähnliche Stoffe enthalte – allen voran Sonnencremes und teure Markenprodukte. (4)

Stoffe mit hohem Risiko-Potenzial
Dieses brisante Thema wurde auch am 14. Internationalen Bodenseekongress für Regulations- und Moderne Orthomolekulare Medizin fachlich erläutert und eingehend diskutiert. Auf Einladung der Stiftung für Gesundheit und Umwelt (SfGU) ging Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing auf das Risiko-Potenzial von endokrinen Disruptoren in Parfums und Duftstoffen ein – insbesondere Phthalate, Schwermetalle und Aluminium. «Obwohl das bereits seit den 90er-Jahren ein Thema ist und der Einfluss auf das Hormon-, Immun- und Nervensystem nachgewiesen ist, nimmt die Verbreitung dieser Stoffe immer weiter zu», erklärte der Münchner Spezialist für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Dazu rief er den «Parfüm-Report» in Erinnerung, den Greenpeace im Jahr 2005 veröffentlichte. Aufgrund der unbekannten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt warnte die Organisation schon damals vor dem Einsatz von Chemikalien in alltäglichen Konsumentenprodukten. «Die Risiken, die von diesen Chemikalien ausgehen können, waren in den meisten Fällen niemals Gegenstand einer wissenschaftlichen Bewertung. In Folge dessen werden oft Stoffe mit hohem Risiko-Potenzial eingesetzt, obwohl Alternativen vorhanden sind. Die Stoffe reichern sich in der Umwelt und im menschlichen Körper an. Die Langzeitfolgen für die Menschheit sind ungeklärt», heisst es in der Zusammenfassung dieser Publikation.

Bedenkliche Konzentrationen nachgewiesen
Im Auftrag von Greenpeace untersuchte ein unabhängiges Labor in den Niederlanden bei 36 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Eau-de-Toilette bzw. Eau-de-Parfüm-Marken, ob darin die wichtigsten Chemikalien aus der Gruppe der Phthalate und der synthetischen Moschus-Duftstoffe enthalten sind und wenn ja in welcher Konzentration. Die Ergebnisse liessen keine Zweifel, diesem Thema hohe Priorität zu geben:

  • 35 von 36 Duftprodukte enthielten messbare Anteile von Phthalaten.

  • In 34 von 36 getesteten Produkten wurde Diethylphthalat (DEP) gefunden.

  • Das Phthalat DEHP wurde in 13 Parfüms nachgewiesen.

Die zum Teil «bedenklichen Konzentrationen » sind für Claus Schulte-Uebbing u. a. auch mit der zunehmenden Therapieresistenz auf dem Gebiet der Gynäkologie in Verbindung zu bringen. Dessen ungeachtet sei die Produktion von phthalathaltigen Parfüms seit 2005 stark angestiegen: «Mehrere hundert Millionen Menschen verwenden regelmässig synthetisch parfümierte Kosmetika.» Dass endokrine Disruptoren über das Wasser wieder in den Nahrungskreislauf gelangen, hält Andreas Hefel (Präsident der SfGU) für ein weiteres gravierendes Problem: «Damit vergiftet sich der Mensch selbst.» Deshalb plädiert er dafür, den Körper regelmässig zu entgiften – kontrolliert, über längere Zeit und in mehreren Phasen. Dabei sei es zwingend nötig, auch die biochemischen Mechanismen zu kennen und zu aktivieren.

Eine Zusammenfassung des Fachvortrages von Prof. Dr. med. Claus Schulte-Uebbing ist auf salusmed.ch zu finden. Darin geht er u. a. auch auf Synergismen mit Tattoos ein, die mit einem lebenslangen gesundheitlichen Risiko und gynäkologischen Spätfolgen einhergehen können.

Produkte eigenverantwortlich checken – Links und Apps

  • Mit der ToxFox-App hat der BUND einen Produktcheck entwickelt, mit der Kosmetik- und Kinderartikel auf Schadstoffe geprüft werden können.

  • Mit der App Scan4Chem des deutschen Umweltbundesamtes lässt sich der Barcode eines Produktes scannen und automatisch eine Anfrage an den Anbieter senden. Dieser muss dann innerhalb von 45 Tagen Auskunft geben, ob und welche «besonders besorgniserregenden Stoffe» in Produkten enthalten sind.

  • Das Portal lebensmittelwarnung.de weist auf Warnungen und Informationen zu kosmetischen Mitteln und Tätowiermitteln hin.

  • RAPEX (Rapid Exchange of Information System) ist ein europäisches Schnellwarnsystem für gefährliche Verbraucherprodukte, worunter auch Kosmetika zu verstehen sind. Einen deutschsprachigen Auszug aus den wöchentlichen RAPEX-Meldungen der EU-Kommission veröffentlicht z. B. die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in ihrer Datenbank «Gefährliche Produkte» (baua.de).

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