Klartext Mikronährstoffmangel
Klartext Mikronährstoffmangel
Ein neues Internetportal der Verbraucherzentralen in Deutschland beschäftigt sich u. a. mit den Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln. Im Wesentlichen ist es Standard- oder Monopräparaten gewidmet, die häufig von jungen Erwachsenen z. B. im Supermarkt oder im Internet gekauft und nach dem Giesskannenprinzip unkontrolliert eingenommen werden. So heisst es unter www.klartext-nahrungsergaenzung.de: «Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe sind für den Körper lebenswichtig. Zu viel davon kann jedoch gefährlich werden.» Die Autoren räumen auch mit dem weit verbreiteten Irrglauben auf, wonach Nahrungsergänzungsmittel generell sicher sind und die Gesundheit fördern. Die Stiftung für Gesundheit und Umwelt (SfGU) stimmt dieser Aussage aus fachlicher Überzeugung zu.
Studie weist Mangelernährung nach
Daraus jedoch den allgemeinen Rückschluss zu ziehen, dass der Tagesbedarf an Mikronährstoffen über die Ernährung jederzeit voll gedeckt werden kann, ist nach dem fachlichen Urteil vieler Experten nicht nur falsch, sondern schlicht nicht zielführend. So hat z. B. die Robert-Bosch-Stiftung eine Studie gefördert, um am Katharinenhospital in Stuttgart den Mikronährstoffstatus mangelernährter Patienten zu erfassen. Die im November 2005 fertiggestellte Untersuchung kam zum Schluss, dass 21 Prozent der Studienteilnehmer im Alter zwischen 20 und 86 Jahren bei der stationären Aufnahme mangelernährt waren. Was sich hier im klinischen Bereich sehr gravierend darstellt, lässt sich auch auf den Alltag vieler Menschen übertragen – in ganz unterschiedlichen Lebensphasen und -situationen. Dazu nennt Dr. Burkhard Poeggeler, wissenschaftlicher Beirat der SfGU, ein Beispiel: «Der Bedarf an Nährstoffen übertrifft im Alter deren Zufuhr. So hat ein über 50-jähriger Mensch in der Regel einen um das 40fach erhöhten Bedarf an L-Arginin, einer für die Gefässgesundheit essentiellen Aminosäure. Mit zunehmendem Alter nimmt die Zufuhr aber stetig ab.»
Messen – Machen – Messen
Die SfGU setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass eine präventive oder therapeutische Verabreichung von individuell zusammengestellten Mikronährstoffen auf einer fundierten wissenschaftlichen Analyse beruht und mit regelmässigen Kontrollmessungen einhergeht. Bei einer Supplementierung mit Standard- oder Monopräparaten ist genau dies nicht der Fall.
Mikronährstoffdefizite müssen mittels Blut-, Urin- und Speichelproben exakt erfasst werden. Aufgrund der gemessenen Laborergebnisse und zusätzlicher Faktoren, wie z. B. Alter, Körpergewicht, die Einnahme von Medikamenten, etc., kann eine komplexe und dem tatsächlichen Bedarf angepasste Mikronährstoffmischung mit bis zu 30 bis 40 Einzelsubstanzen individuell hergestellt werden.
Über- und Unterdosierungen werden damit vermieden. Längst hat man in der Pharmazie erkannt, dass massgeschneiderte Therapiekonzepte, die den Menschen in den Mittelpunkt rücken, die Zukunft bedeuten. Dasselbe gilt auf dem Gebiet der Nahrungsergänzung. Nach dem Grundsatz «Messen – Machen – Messen» werden individualisierte Lösungen nicht erst seit heute wirksam und damit wirtschaftlich umgesetzt. Es gilt, dies auf einer breiten gesellschaftlichen Basis zeitnah zu etablieren.
Text: Andreas Hefel, Präsident der SfGU | Bild: Syda Productions/stock.adobe.com