Vom Darm- zum Hirnfutter

Als Teil des «Ökosystems Mensch» wird unser Hirn von zahlreichen Prozessen im Körper stark mitbeeinflusst. Trotz der «Blut-Hirn-Schranke», die für eine Art «abgeschirmten Stoffwechsel» steht, gelangen z. B. Bakterien und Stoffwechselmetabolite in unsere Zentrale. Welche Signale damit ebenfalls im Gehirn ankommen, hängt also in hohem Masse von der Ernährung und der «artgerechten Fütterung» dieser Bakterien ab.

Zu den wichtigsten Schaltstellen und–Mechanismen im «Ökosystem Mensch» zählen der Magen-Darm-Trakt, die Leber in Verbindung mit dem Gehirn sowie der Prozess der Energiegewinnung in den Zellen. In der traditionellen europäischen Naturheilkunde spricht man daher von den zentralen «Drei Kochungen».

Kommunikation zwischen Darm und Hirn
Unsere «erste Kochung», das Verdauungssystem, ist mit etwa hundert Millionen Nervenzellen versehen, die in ständigem Kontakt mit unserem zentralen Nervensystem (ZNS), dem «Kopf-Hirn», stehen. Man spricht vom «enteralen» Nervensystem (ENS) oder auch vom «Darm-», bzw. «Bauch- Hirn». Die Wissenschaft geht davon aus, dass der Darm mehr mit unserem Gehirn «spricht», als umgekehrt. Nach neuesten Erkenntnissen läuft dieser Kommunikationsfluss auf drei Ebenen ab: Einerseits kommunizieren die beiden «Gehirne» mit denselben Hormonen – sie sprechen also dieselbe Sprache. Zweitens gehen etwa 80 Prozent der Funksignale über den sogenannten «Vagusnerv» direkt vom Darm zum Hirn. Drittens produzieren unsere Darmbakterien auch Botenstoffe, die über die Blutbahnen via Leber («zweite Kochung») bis zu unseren Gehirn- und den übrigen Körperzellen gelangen («dritte Kochung»).

Was, wie, wann und wie oft wir essen
Unser tägliches Brot ist somit auch dasjenige unserer Darmbewohner – oder das, was nach der Aufnahme im Dünndarm für sie übrigbleibt. Denn was im Magen und oberen Dünndarm nicht aufgespalten, bzw. richtig verdaut und entsprechend in den Körper aufgenommen werden kann, landet schlussendlich im Dickdarm. Dort wartet der grösste Teil unserer Bakteriengesellschaft auf ihr Futter. Je nach «Fütterung» begünstigen wir die eine oder andere Bakterienfamilie, die sich entsprechend vermehren kann. Mit jeder Mahlzeit können wir mitbestimmen, welche Bakterienfamilie wir füttern und welche Appetitsignale wir somit künftig im Gehirn empfangen werden. «Du bist, was du verdaust und was deine Bakterien dir sagen» – nicht nur wer z. B. unter Blähungen leidet, sondern auch wer ständig gereizt, ungeduldig, aggressiv oder besonders ängstlich ist, der sollte mal überprüfen, wie die Bakterien regelmässig gefüttert werden. Geschieht dies «artgerecht», dann versorgen uns unsere Bakterien auch mit Vitaminen der B-Gruppe und Aminosäuren, die zur Bildung von Neurotransmittern wie etwa Serotonin und Melatonin benötigt werden. Bei einer «artgerechten» Ernährung geht es aber nicht nur um das Was, sondern vor allem auch darum, wie und wann wir essen bzw. wann und wie lange wir NICHT essen

TIPP: Die Top 5 für eine ganzheitliche «hirnfreundliche» Ernährung

1

Wie essen:
Sowohl Atem-und Entspannungsübungen, als auch gute Gesellschaft haben direkt einen positiven Einfluss auf unsere Verdauung. Um richtig zu verdauen ist nämlich die Parasympathikus-Aktivität – also eine entspannte Stoffwechsellage – die Voraussetzung. Wir kauen gründlicher und unsere Verdauungssäfte werden vermehrt gebildet. Ausserdem: je stressiger der Alltag, desto wichtiger ist es, warm zu essen und zu trinken. Denn Gekochtes braucht weniger Verdauungskraft; Wärme entspannt uns und gibt uns physikalisch Energie zurück.

2

Wann essen:
Das Mittagessen niemals auslassen – es ist unsere Hauptmahlzeit, da wir dann am besten verdauen. Wahlweise können die anderen Mahlzeiten – insbesondere bei wenig Bewegung – ausgelassen werden, sodass eine nüchterne Phase von ca. 16 bis 18 Stunden erreicht wird. Besonders eine kleine, leichte Abendmahlzeit vor 19 Uhr trägt nachweislich zu einem erholsamen Schlaf bei. Erholsam bedeutet, dass unsere Leber nach einer kurzen Verdauungszeit der Regeneration und Reinigung des restlichen Gewebes inkl. des Gehirns nachgehen kann. Durch die längere Nüchternphase bzw. das Fasten werden überflüssige Proteinablagerungen mobilisiert und durch „Autophagie“ unschädlich gemacht. Unsere „Steinzeitgene“ sind auf Hunger einfach besser eingestellt als auf „Dauerfütterung“.

3

Wann trinken:
Zwischen und nicht zu den Mahlzeiten viel Wasser und ungesüsste Tees trinken (1,5 bis 2 Liter pro Tag). Unser Gehirn besteht zu etwa 85 bis 90% aus Wasser – bereits eine leichte Dehydrierung beeinträchtigt den gesamten Stoffwechsel enorm. Das kann sich u.a. in Form von Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen bemerkbar machen.

4

Das Was:
Qualitativ hochwertige pflanzenbasierte Grundnahrungsmittel – je unverarbeiteter, desto besser. Pflanzenfasern v.a. aus Gemüse, Nüssen, Samen und Obst in Kombination mit hochwertigen Omega 3-reichen Pflanzenölen (Hanföl/Leinöl – bitte nicht erhitzen!) sind das beste „Bakterienfutter“. Zubereitungsarten wie Fermentation (z.B. Naturjoghurt, Sauerteigbrot) und Dämpfen/Schmoren sowie der Einsatz von reichlich Kräuter und Gewürzen sind besonders bekömmlich für unseren Darm und somit für unser Hirn!

5

Und was nicht:
Meiden Sie reinen Fruchtzucker, Alkohol, Weizen und Milch als Getränk sowie eine stark eiweissreiche Ernährung. Welche Eiweiss-Quellen in welchen Mengen sinnvoll sind, gilt es in der individuellen Ernährungsberatung auszuwerten.

Rezept: Nussbraten mit Salat

Dieser vegetarische Braten ist nicht nur ein wahrer Gaumenschmaus, sondern auch eine richtige Mineralstoffbombe, insbesondere dank der basischen Mineralien Kalium und Kalzium. Im Vergleich zu Haselnüssen liefern Mandeln noch mehr Eiweiss und Eisen. In der Kombination mit Ei wird der Braten somit zu einer hervorragenden Eiweissbeilage zu diversen Gemüsegerichten – von Salat bis Ofen- oder gedünstetem Gemüse. Durch die Vielfalt an Kräutern und anregenden Gewürzen wirkt er zudem besonders darmfreundlich und entzündungshemmend. Zur Geschmacksabrundung eignet sich saurer Halbrahm perfekt.

Für eine 25 cm lange Cakeform:
1 kleine Zwiebel 
100 g Karotte 
1 EL Olivenöl 
5 EL Sojasauce 
50 g Haferflocken 
200 g gemahlene Mandeln oder Haselnüsse  
½ Bund Petersilie, fein gehackt  
2 Zweige Rosmarin, fein gehackt  
4 Zweige Thymian, fein gehackt  
2 TL Kräutersalz 
2 TL edelsüsses Paprikapulver 
½ TL Chilipulver 
1 TL Kreuzkümmel 
2–3 Eier (je nach Grösse) 

Den Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen. Die Cakeform mit Backpapier auskleiden. Die Zwiebel klein schneiden und die Karotte auf der Gemüsereibe raspeln; beides zusammen dann im Olivenöl andünsten. Mit 150 ml Wasser und der Sojasauce ablöschen, dann 10 Minuten köcheln lassen.  Flocken, Mandeln oder Nüsse sowie sämtliche Kräuter und Gewürze in einer Schüssel vermischen. Das gedünstete Gemüse und die Eier zu den trockenen Zutaten geben und alles zu einem gleichmässigen Teig verrühren. Den Teig in die Form füllen und im vorgeheizten Ofen etwa 20 Minuten backen. Dann aus der Form nehmen und weitere 20 Minuten bei 180 Grad goldbraun backen.

*Ernährungsberaterin BSc BFH am NHK Institut für integrative Naturheilkunde, nhk.ch

Text: Laura Koch* Bilder: Veronika Studer

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