Regeneration und Degeneration: zwei fundamentale Kräfte in Balance halten
Regeneration und Degeneration:
zwei fundamentale Kräfte in Balance halten
Das gleichzeitige Drehen an zwei Stellschrauben sorgt dafür, dass der Körper sein Gleichgewicht für einen gesunden Organismus selbst stabil halten kann. Im Gespräch mit «Meine Gesundheit» erläutert Andreas Hefel (Präsident der SfGU) das dynamische Wechselspiel zwischen den Reparaturkräften des Körpers sowie schädlichen Einwirkungen durch Belastung und Stress.
Herr Hefel, Zivilisationskrankheiten sind ein weltweit bestimmendes Thema. Für einen wirksamen Umgang mit dieser Herausforderung hat die SfGU das SALUSMED®-Prinzip entwickelt. Welche Faktoren betrachten Sie als Basis der Gesundheit?
Andreas Hefel: Nach unserem Verständnis stellt sich Gesundheit dann ein, wenn eine ausgewogene Balance zwischen degenerativen und regenerativen Faktoren gefunden und gehalten werden kann. Das heisst: Gelingt es dem Menschen, in seinem Körper all das laufend zu reparieren, was Tag für Tag durch das Leben kaputt geht, dann führt das zu einer starken Basis der Gesundheit. Das ist gleichzeitig Anti-Aging pur, denn damit lässt sich auch die biologische Alterung wirksam verlangsamen.
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Je stärker dieser Mechanismus aus dem Gleichgewicht gerät, desto mehr steigt auch das Risiko für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten. Je nach genetischer Disposition reicht das Spektrum von Diabetes mellitus, über Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Unverträglichkeiten und Allergien bis hin zu Alzheimer. Es ist immer derselbe Prozess des ständigen Ausbalancierens dieser beiden fundamentalen Kräfte, der dem ursächlich zugrunde liegt.
Woran lässt sich denn erkennen, ob die regenerativen und degenerativen Faktoren sich tatsächlich die Waage halten?
Andreas Hefel: Massgeblich für uns sind die Entzündungen im Körper und der Zustand der Schutzbarrieren des Immunsystems. Als natürliche Grenzflächen verhindern zum Beispiel die Schleimhäute, dass Schadstoffe in den Körper eindringen. Die Menschen sind in der heutigen Zeit immer grösseren Umweltbelastungen ausgesetzt, etwa durch Fein- und Feinststaub, Pestizide oder elektromagnetische Strahlung. Das führt nicht nur zu Entzündungen im ganzen Körper, sondern auch zu einem viel höheren Bedarf an Antioxidantien, die die Zellen vor oxidativem Stress schützen. Deshalb ist es auch so entscheidend, das Abwehrsystem zu stärken und gleichzeitig die häufig unerkannten stillen Entzündungen in den Griff zu kriegen.
Wie lässt sich das messen und welche Erkenntnisse liegen Ihnen aus der eigenen Praxis vor?
Andreas Hefel: Mit dem IABC® ColonScan können wir diese Werte im Stuhl messen und Rückschlüsse daraus ziehen, ob die degenerativen und regenerativen Faktoren in einer ausgewogenen Balance sind. Nach der Auswertung von fast 800 Labortests lässt sich sagen, dass die Entzündungsfaktoren bei ungefähr einem Drittel der untersuchten Personen ausserhalb des Normbereichs liegen. Bei derselben Personengruppe stellen wir bei der Schleimhautimmunität fest, dass z. B. bei etwa zwei Drittel ein slgA-Mangel vorliegt. Dieses sog. «sekretorische Immunglobulin » überzieht bei gesunden Menschen die Schleimhäute mit einer Schutzschicht.
Welche Rückschlüsse ziehen Sie daraus für präventive und therapeutische Konzepte, wie z. B. das IABC® ColonConcept?
Andreas Hefel: Diese gemessenen Werte haben für uns eine sehr hohe Relevanz. Statt mit der Schrotflinte zu schiessen, sind wir beim IABC® Colon-Concept von Anfang an den Weg der individualisierten Darmtherapie gegangen. Indem uns nach den ersten beiden Jahren jetzt immer mehr Daten vorliegen, können wir dieses Konzept auch immer weiter präzisieren und ausbauen. D.h. auch im kollegialen Austausch mit erfahrenen Therapeutinnen und Therapeuten sind und bleiben wir in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess und geben die ausgereiften Erkenntnisse in Form von «Updates» an unsere Kunden und Patienten weiter. So baut das IABC® Colon-Concept 2.0, das wir im vergangenen April lanciert haben, ganz gezielt auf den Entzündungsfaktoren und der Schleimhautimmunität auf. Neu enthält es z. B. ein Detox-Medizinprodukt sowie hochdosierte Antioxidantien. Dagegen haben wir unsere ursprüngliche Annahme revidiert, dass die Parasiten ein wesentlicher Bestandteil dieser individualisierten Darmtherapie sind. Lediglich zwei Arten können in Einzelfällen etwas Ärger verursachen – dramatisch ist die Situation auf diesem Gebiet allerdings nicht.
Mit der Schleimhautimmunität und den häufig unerkannten Entzündungen sind damit die entscheidenden Faktoren für die ausgewogene Balance zwischen Regeneration und Degeneration in das IABC® ColonConcept 2.0 eingeflossen. Unter welchen Voraussetzungen kann der Körper dieses Gleichgewicht für einen gesunden Organismus selbst dynamisch stabil halten?
Andreas Hefel: Ganz entscheidend ist, den doppelten Effekt zu erkennen und im positiven Sinn zu nutzen. Wir müssen also einerseits versuchen, die schädlichen Einwirkungen durch Umweltbelastungen und Stress, also die degenerativen Kräfte, möglichst gering zu halten. Gleichzeitig müssen wir die regenerativen Kräfte, also das Immunsystem, stärken. Damit lässt sich ein Effekt von «200 Prozent» erzielen, denn: Habe ich auf der einen Seite von etwas 10 zu viel und auf der anderen Seite von etwas 10 zu wenig, dann ist die Differenz zwischen diesen beiden Werten eben nicht 10, sondern 20! Die konventionelle Medizin agiert in der Regel nur in die eine oder in die andere Richtung und geht davon aus, dass für eine Behandlung der einfache Effekt ausreicht. Wir müssen aber an beiden Schrauben gleichzeitig drehen! Selbst bei nur leichtem Einwirken auf beide Kräfte zugleich ist die Wirksamkeit solch eines Konzeptes immer noch höher, als wenn man sich nur um die Regeneration oder nur um die Degeneration kümmert. Den doppelten Effekt gibt es leider auch im negativen Sinn, nämlich wenn die degenerativen Kräfte völlig überhand nehmen und die regenerativen Kräfte kaum mehr vorhanden sind. Dieses Denken in gesundheitlichen Zusammenhängen entspricht unserem Verständnis von Regulationsmedizin.
Interview: Jürgen Kupferschmid Bild: Dmitry Rukhlenko/stock.adobe.com