Polymorphismen, Entgiftung, Auswirkungen und Therapie

Warum erlebt ein Raucher sein 100. Lebensjahr, während ein Asket einem Lungenkarzinom erliegt? Warum vertragen nahezu «alle» ein spezifisches Medikament ausser mir? Und warum führt eine virale Infektion bei manchen zu einem Zytokinsturm, während sie bei anderen mild verläuft? Beim Versuch, diese Fragen zu beantworten, kann die Evaluierung genetischer Polymorphismen hilfreich sein. Einzelnukleotid-Polymorphismen, genannt «SNPs», sind kleinste DNA-Mutationen, bei denen lediglich eine einzige Base ausgetauscht wird. Solche «Software-Änderungen» können durch klassische Fehler oder Zerfallsprozesse entstehen, bei denen eine Base in eine andere umgewandelt wird. Beispiele für derartige Polymorphismen sind GST-, MTHFR-, NAT-, COMT-, SOD-, Zytokin-, UDP-, GPX-, CYP-450-Variationen. Diese und viele weitere können Arzneimittelabbau, Entgiftung, Karzinogenität, die Entstehung degenerativer Erkrankungen, Entzündungen, die Psyche («Neurostress»), Hormonhaushalt und vieles mehr beeinflussen. Dennoch sprechen wir von Prädisposition, nicht von Determinismus. Denn wir dürfen hier die Epigenetik nicht vergessen – wie jemand lebt, was er konsumiert, Wohnverhältnisse, soziale Bindungen und Traumata spielen eine grosse Rolle.

Die Testung genetischer Polymorphismen kann in Erwägung gezogen werden, wenn Patienten z. B. besonders empfindlich auf Gerüche und Chemikalien reagieren, Kopfschmerzen in bestimmter Umgebung entwickeln, an einem chronischen Erschöpfungssyndrom leiden oder auch bei ausbleibender Senkung des Homocysteinspiegels trotz Therapie, bei unspezifischen Arzneimittelreaktionen, die Liste könnte noch weiter fortgeführt werden.

Im Bereich der SNPs, welche speziell für Entgiftung zuständig sind, ist offenkundig, dass einige Detox-Enzyme bei bis zu 20–90% der Patienten eingeschränkt funktionieren. Orthomolekular sollte erst die Phase 2 der Entgiftung stabilisiert werden, um eine Anhäufung hochtoxischer Metabolite aus Phase 1 zu verhindern. Leber und Darm spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Ein «durchlässiger Darm» («Leaky Gut») ist nicht in der Lage, Toxine adäquat zu eliminieren, ebenso wenig wie eine überlastete und geschwächte Leber.

Herkömmliche Ausleitungsverfahren wie Chelat-Therapie, orthomolekulare Ausleitungen etc. sind von hoher Bedeutung, aber oftmals belastend und/oder langwierig. Daher sind wir dankbar für alternative Tools wie z. B. die INUSpherese®, die es ermöglicht, eine Entgiftung bis in die Zelle innerhalb von etwa zwei Stunden zu erreichen. Seit den 1970er-Jahren gibt es tausende internationale Veröffentlichungen zum Thema Apherese. Dr. Straube (INUS Medical Center) führte 2004 erstmals die Chemopherese bei schwer umweltbelasteten Patienten durch. Als spezielle Form der Apherese stellt die INUSpherese® ein therapeutisches, immunmodulatorisches und entgiftendes Verfahren dar. Es handelt sich um ein geschlossenes System mit zwei aus modifiziertem biologischem Material bestehenden Filtern mit spezifischen Siebkoeffizienten. Es werden u. a. pathogene Substanzen und pathogene Blutzellen, inflammatorische und proinflammatorische Proteine sowie veränderte Zellen eliminiert. Die Unterscheidung zwischen «Gut» und «Schlecht» erfolgt anhand von Molekülkonfiguration und Prinzipien der Proteinfaltung sowie elektrostatischen Oberflächeneigenschaften und Ladungsverteilungen nach van der Waals (Ref.: «Das Sub-Health-Syndrom», Straube, Bak, 2023).

Zwar können/wollen wir Gene (noch) nicht verändern, doch haben wir die Möglichkeit, mit Hilfe von orthomolekularer Medizin Menschen mit all ihren genetischen Variationen zu regulieren, zu unterstützen und zu stärken. Polymorphismen und Umweltbelastungen sind allgegenwärtig, Entgiftung essenziell. Unsere Aufgabe ist es, alle Aspekte fortlaufend und flexibel in Einklang zu bringen.

Dr. med. univ. Birgit Bernadette Heinisch-Röchert
Fachärztin für Innere Medizin, Privatpraxis Eller & Kellermann (Berlin)

Den Vortrag finden Sie in voller Länge in der
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Kernthese Nr. 3:
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Kernthese Nr. 4:
Entgiften, entgiften, entgiften!

Kommentar aus Sicht der SfGU:
«Jeder Mensch ist so einzigartig wie sein Fingerabdruck. Wir sind individuell verschieden und das zeigt sich auch in den Genen, in den Polymorphismen. Wie die Gene im Einzelfall abgelesen werden und Prozesse steuern, ist in vielerlei Hinsicht eine wichtige epigenetische Basis: Kann ein Mensch beispielsweise gut oder schlecht entgiften – egal, ob bei pflanzlichen oder pharmazeutischen Arzneimitteln? Persönliche Konstellationen wie diese sollte man kennen und Massnahmen gezielt darauf abstimmen. Insbesondere bei Menschen, die einer hohen Schadstoffbelastung ausgesetzt sind, halte ich die INUSpherese® für eine nützliche Methode. Da direkt über das Blut entgiftet wird, setzt man Patienten nicht dem Risiko einer Intoxikation aus. Der Preis für solch eine Behandlung sollte in Relation zu den langfristigen Verbesserungen gesehen werden, die damit erzielt werden können. Eine zentrale Aussage war, dass bei einer Entgiftung erst Phase 2 aktiviert werden muss, bevor die Phase 1 aktiviert wird: ‹Wird nur die Phase 1 aktiviert, dann haben wir zwar eine Geröllhalde, aber keinen Traktor, der sie abtransportiert.› (Zitat Dr. med. univ. Heinisch-Röchert) Bei einer körperlichen Entgiftung über Leber und Galle gelangen Schadstoffe in den Dünndarm. Um sie zu binden, sind wasserlösliche Ballaststoffe von zentraler Bedeutung. Erfolgt dies nicht, gelangen die in Phase 2 freigesetzten Schadstoffe wieder zurück in den Körper, was zu der bereits erwähnten Intoxikation führt.»

Andreas Hefel, Präsident der SfGU

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