Mitten auf dem Sofa: «Extreme Belastung» durch Elektrosmog gemessen

«Digital Detox» beginnt damit, die zahlreichen Verursacher von elektromagnetischer Strahlung zu kennen und die Belastung in den Aufenthaltsbereichen differenziert zu messen. Für ein TV-Experiment stellten Dominique und Benedikt Setzer ihr Eigenheim sowie sich selbst als Probanden zur Verfügung. Die Ergebnisse führten bei dem Lehrerpaar u. a. zu der Erkenntnis, dass bereits kleine Massnahmen eine grosse Wirkung entfalten können.

Die unsichtbare Belastung durch elektromagnetische Strahlung gleicht vielen Menschen einem Phantom. Das hochkomplexe multifaktorielle Geschehen, das sich hinter dem Begriff «Elektrosmog» verbirgt, entzieht sich der schnellen Sinneswahrnehmung im Alltag. «Dieses Thema ist nicht so fassbar, als wenn ich mich mit dem Messer in den Finger schneide und deshalb eine blutende Wunde habe», sagt der Lehrer Benedikt Setzer aus der Nähe von Köln. Gemeinsam mit seiner Frau Dominique hat er sich an einem wissenschaftlichen Experiment beteiligt, das erstmals für einen TV-Sender(1) umgesetzt wurde. Unter Leitung der Kognitions- und Neurowissenschaftlerin Dr. Diana Henz (Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Sportwissenschaft) sowie des Baubiologen und Umweltmesstechnikers Peter Beckmann (Gabriel-Tech GmbH) wurde mit anerkannten Techniken in dem ersten Eigenheim des Paares qualifiziert gemessen: Neben dem Gemisch aus unterschiedlichen Strahlen, Wellen und Feldern, das durch Funknetze, Magnetfelder, Stromkreise und elektrische Geräte verursacht wird, konnten damit auch die Reaktionen des Gehirns sichtbar gemacht werden. In dem 220 Quadratmeter grossen Haus, das sie 6 Monate zuvor bezogen hatten, wurden insgesamt 93 Elektrogeräte gezählt – darunter ein neuer leistungsfähiger WLAN-Router für das Musik- und Videostreaming sowie ein Induktionsherd. «Wir haben bei der Anschaffung zwar darauf geachtet, was praktisch und optisch ansprechend ist, dabei aber nicht über die Anzahl der elektrischen Quellen und ihre Platzierung nachgedacht», blickt Dominique Setzer zurück. Einen möglichen Zusammenhang zwischen ihren Kopfschmerzen und den elektrischen Gegenständen im Haushalt vermutete sie deshalb lange nicht: «Über Elektrosmog habe ich mir anfangs keine Gedanken gemacht. Vielmehr führte ich meine Beschwerden darauf zurück, dass ich vielfach zu wenig trinke.»

Starkes elektrisches Kraftfeld
Zu einer neuen Einschätzung der Situation führten die Messungen von Peter Beckmann, die er zunächst im Wohnzimmer vornahm: Mit ausgeschalteter Sicherung, d. h. ohne Strom, konnten keine auffälligen Werte festgestellt werden. Dies änderte sich allerdings schlagartig, als Dominique und Benedikt Setzer auf dem Sofa eine klassische Situation aus ihrem Privatleben nachstellten: Mit dem Laptop auf den Beinen gemeinsam Zeit vor dem laufenden Fernseher verbringen; Handy und Tablet ebenfalls eingeschaltet sowie über das Ladekabel mit einer Steckdose verbunden. Das starke elektrische Kraftfeld, dem das Paar nach dem Einschalten der elektrischen Geräte ausgesetzt war, fasste der Baubiologe in Worte und Zahlen: «In der Mitte des Sofas haben wir eine elektrische Feldstärke von bis zu 335 Volt pro Meter (V/m) gemessen, was eine extreme Belastung ist – das 10-fache von dem, was die Weltgesundheitsorganisation WHO als kritisch einstuft. » Welches Strahlungspotenzial von dem neuen Induktionsherd ausgeht, zeigten weitere Messungen: Selbst im ausgeschalteten Zustand ist das Gerät von einem deutlichen Magnetfeld umgeben. Nach dem Einschalten von erst einer und anschliessend noch einer zweiten Herdplatte verstärkte sich dieser Effekt um ein Vielfaches: «Im Arbeitsbereich haben wir ein Magnetfeld von bis zu 4 241 Nanotesla (nT) gemessen – die WHO geht davon aus, dass Werte bereits ab 400 nT potenziell krebserregend sein können », so Beckmann.

Dominique Setzer vermutete lange keinen Zusammenhang zwischen ihren Kopfschmerzen und den 93 elektrischen Gegenständen im Haushalt – darunter ein Induktionsherd.

Gehirn reagiert mit Stress
Mit einem sog. «high-density EEG» konnte Dr. Diana Henz über ein dichtes Netz von 128 Elektroden auf dem Kopf der Lehrerin messen, wie sich diese elektromagnetische Strahlung auf ihre Gehirnareale auswirkt: «Nach Einschalten der elektrischen Geräte im Bereich des Sofas wird ihr Gehirn in einen Leistungszustand versetzt, d. h. es kommt zu einer verstärkten Aktivierung in den Frequenzbändern Beta und Gamma», erläutert die Wissenschaftlerin. Vergleichbare Folgen waren auch beim Kochen zu beobachten: «Bereits zwei Minuten nachdem der Induktionsherd eingeschaltet worden war, konnten wir in den vorderen Gehirnarealen hinter der Stirn eine Stressaktivierung feststellen.» Zehn Minuten später sei dies auch in den tieferen Schichten des Gehirns grossflächig zu erkennen gewesen.

Einfache Verhaltenstipps
«Schockiert» zeigte sich Dominique Setzer von diesen Fakten: «Ich habe keinen Unterschied bemerkt. Doch die Ergebnisse fühlen sich nicht gut an.» Was das für das persönliche Befinden bedeuten kann, veranschaulicht Dr. Diana Henz: «Angenommen, man bereitet sich das Abendessen mit einem Induktionsherd zu und verbringt anschliessend längere Zeit mit WLAN, Tablet und Smartphone vor dem Fernseher, dann kann das ohne wirksamen Schutz zu verschiedenen körperlichen und psychischen Symptomen führen – z. B. Einschlafschwierigkeiten. Denkbar sind auch Beeinträchtigungen der Konzentration und des Gedächtnisses.» Dass es soweit aber nicht kommen muss, zeigen schon einfachste Massnahmen, die sich ohne Aufwand im Alltag umsetzen lassen: Zieht Peter Beckmann z. B. beim Laptop und dem Smartphone die Ladekabel, sinkt die elektrische Feldstärke auf nur noch ein Sechstel des ursprünglich gemessenen Wertes. So lautet der einfache Tipp des Baubiologen:

«Man sollte sich nie direkt an dem Ort aufhalten, an dem elektrische Geräte wieder aufgeladen werden, sondern stets mindestens 3 Meter Abstand vom Körper halten.»

Wie elektromagnetische Strahlung in dem Haus von Dominique und Benedikt Setzer nicht nur zuverlässig ermittelt, sondern auch messbar reduziert werden konnte, belegt ein ausführliches Gutachten der Gabriel-Objekt-Beratung. Nachmessungen im Büro, am Schlafplatz, im Wohnzimmer sowie in der Küche haben ergeben, dass die Entstörungs-Massnahmen in zahlreichen Bereichen zu unauffälligen bis schwach auffälligen Feldstärken geführt haben. Weiterer Forschungsbedarf besteht insbesondere bei der Entstörung des Induktionsherdes – auch in Kooperation mit dem Hersteller.

(1) «So reagiert der Körper auf Alltagsgeräte – Elektrosmog im Haus: Was machen die Strahlen mit unserer Gesundheit?», rtl.de

Text: Jürgen Kupferschmid
Bilder: zVg