Magnesium-Update 2020

Die Bedeutung eines intakten Magnesiumhaushaltes bei kardiovaskulärer Funktion hat in letzter Zeit in der Inneren Medizin zugenommen.1, 2 Klinisch tritt ein Magnesiummangel häufig auf, eine Magnesiumintoxikation ist eher selten. Hierbei sind besonders die arterielle Hypertonie und auch der Diabetes mellitus zu nennen. Eine wichtige Essenz ist, dass man Serum/ Plasma-Magnesiumspiegel bei Diabetes mellitus mindestens bei 0,8 mmol/l halten sollte, besser bei 0,85 mmol/l. Ebenso neu ist, dass man die Substitution diesbezüglich wesentlich höher wählt als früher und hier zwischen 300 und 500 mg Magnesium pro Tag therapiert, im Einzelfall auch höher. Das Hochhalten der Magnesiumspiegel ist von massgeblicher Bedeutung zur Verbesserung des Glukosestoffwechsels und zur besseren Einstellung des Blutzuckers. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass für Patienten mit einem intakten Magnesiumhaushalt die Spätkomplikationen bei Diabetes mellitus deutlich geringer ausfallen, hier insbesondere Polyneuropathie, Myopathie und auch diabetische Retinopathie. Bezüglich des hohen Blutdrucks findet die Magnesiummangeltheorie in den letzten Jahren zunehmende Beachtung. Hier sind vereinzelt Studien zitiert, wodurch eine alleinige Magnesiumgabe Blutdrucksenkungen um 10 mmHg sowohl im systolischen als auch diastolischen Bereich erzielt worden sind. Die meisten dieser Studien sind jedoch in einer Dosierung von 100 bis 300 mg Magnesium täglich angelegt gewesen. Nach neueren Erkenntnissen ist besonders für Magnesiummangelpatienten die Substitution mit höheren Dosen erforderlich. Die heterogene Gruppe der essentiellen Hypertoniker bedarf daher unserer Meinung nach auch eines Magnesiumscreenings.

 

Prof. Dr. med. Klaus Kisters
Chefarzt an der Medizinischen Klinik I am St. Anna-Hospital Herne, seit 2001 Professor an der Westfälische Wilhelms- Universität Münster (WWU)

Die Bedeutung der Anwendung von Magnesium in transdermaler Form hat in den letzten Jahren zu kontroversen Diskussionen bezüglich der Applikation und des damit verbundenen Therapieerfolges geführt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Gabe von transdermalem Magnesium zusammengefasst nicht empfohlen werden. Ein weiterer Aspekt bei der Analytik von Magnesiumkonzentrationsmessungen im Blut stellt die Bedeutung von ionisiertem Magnesium dar. Hierbei kann man mit neuen Messmethoden in den letzten Jahren das eigentlich aktive Magnesium messen. Nach aktuellen Untersuchungen besteht keine Korrelation zwischen Serum und ionisierten Magnesiumkonzentrationen im Blut.3, 4 Bei älteren Hypertonikern fand sich bei ca. 25 % ein Mangel an ionisiertem Magnesium, wohingegen die Serummagnesiumspiegel nur bei ca. 10 % der geriatrischen Patienten erniedrigt gemessen wurde ohne Korrelation zum ionisierten Magnesium gehalt. Dies bedeutet, dass normale Serummagnesiumspiegel einen scheinbar intakten Magnesiumhaushalt widerspiegeln, in Wirklichkeit liegt aber ein teilweise beträchtlicher Magnesiummangel vor. Dies erklärt auch die gute Wirksamkeit einer Magnesiumtherapie trotz scheinbar normaler Serummagnesiumspiegel. In neueren Studien weisen Autoren deshalb darauf hin, dass die Messung intrazellulärer oder ionisierter Magnesiumkonzentrationen hier deutlich genauer ist zur Beurteilung eines Magnesiummangels. In letzter Zeit mehren sich Hinweise, dass die Kombination von Magnesium und Vitamin D aufgrund der sich gegenseitig verstärkenden positiven Wechselwirkung sich besonders günstig auf diese Progressionsfaktoren und auch auf den Knochenstoffwechsel auswirkt. Hiervon profitieren Patienten mit Herzkreislauferkrankungen und auch mit Osteoporose. Bei Patienten mit Morbus Parkinson oder aber auch mit einer Demenz deuten erste Studien auf eine Bedeutung eines Magnesiummangels hin.

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Kommentar aus Sicht der SfGU:
«Magnesiummangel ist in der Bevölkerung sehr weit verbreitet – ob Sportler oder Nicht-Sportler, ob Alt oder Jung. Das messen wir seit mehr als 25 Jahren im Rahmen unserer funktionellen Mikronährstoffprofile. Entscheidend ist, diesen Mineralstoff nicht aufgrund von Annahmen nach dem Giesskannenprinzip zu substituieren. Stattdessen gilt es, einen Mangel klinisch festzustellen, den individuellen Bedarf optimal zu decken und Kontrollmessungen durchzuführen. Von grosser Bedeutung ist auch die Resorption von Magnesium. Es müssen Präparate verabreicht werden, die vom Körper wirklich aufgenommen werden können. Bei der Galenik ist darauf zu achten, dass gewisse Verbindungen kontraproduktiv sein können, z. B. Magnesium mit bestimmten Calciumsalzen. Wie alle essentiellen Substanzen ist Magnesium als Schlüsselmineral an fast allen Stoffwechselvorgängen mitbeteiligt. Es genügt nicht, mit einer oder zwei dieser Substanzen zu arbeiten, dass die komplexen biochemischen Prozesse reibungslos funktionieren können. Magnesium muss deshalb immer als Bestandteil einer individualisierten Gesamtsupplementation betrachtet werden. Genauso wie die Wechselwirkung zwischen Magnesium und Vitamin D eine Rolle spielt, hängen noch weitere Substanzen damit zusammen, z.B. Kalium, Calcium und Natrium. Es kommt stets darauf an, Menschen auf einer breiten Basis mit Mikronährstoffen zu versorgen. Darauf aufbauend kann z. B. ein Magnesiummangel gezielt behoben werden.»

Andreas Hefel, Präsident der SfGU

Kernthese Nr. 1: 
Ein intakter Magnesiumhaushalt ist von grosser pathogenetischer Bedeutung für den Menschen. Zur Analytik eignen sich intrazelluläre oder ionisierte Magnesiumkonzentrationsmessungen am besten.

Kernthese Nr. 2: 
Die synergistische Wirkung von Vitamin D und Magnesium ist bei Herzkreislauferkrankungen und Osteoporose von zunehmendem Interesse.

Literatur
1 U. Gröber, J. Schmidt, K. Kisters: Magnesium in Prevention and Therapy. Nutrients 7 (9): 8199-226 (2015).

2 K. Kisters, U. Gröber: Der Magnesiumhaushalt – Update 2019. Zs. f. Orthomol. Med. 17: 34-39 (2019).


3 K. Kisters, U. Gröber, B. Gremmler, J. Sprenger, F. Wroblewski, A. Deutsch, L. Kisters, T. Westhoff, M. Kolisek: Ionized magnesium defi ciency in elderly hypertensive patients – a pilot study. Nutr. Food Sci. Res. 3(2): 129-134 (2020).


4 K. Kisters, F. Wroblewski, A. Deutsch, L. Kisters, U. Gröber, T. Westhoff: Importance of lowered ionized magnesium